Die Grenze zwischen einem erfolgreichen Geschäftsmann und einem Betrüger ist dünn. Das zeigt nicht nur die vollkommene gesellschaftliche Etablierung des „Casino-Kapitalismus“ unter Anerkennung eines vermeintlich ewig andauernden wirtschaftlichen Wachstums und die hieraus entstandene Finanzkrise. Auch die im Wirtschaftsstrafrecht zu beobachtenden fragwürdigen Reaktionen der Politik sprechen für sich. Ist das betrügerische Unternehmen – in der Regel ein Bankinstitut – systemrelevant und von besonderer Bedeutung findet eine strafrechtliche Verfolgung zumeist nur in einem sehr geringen Umfang statt. Um so grösser der Schneeball ist, um so geringer ist das Risiko strafrechtlicher Sanktionen.
Gleichwohl existiert ein vielschichtiges strafgesetzliches Regelwerk: Das traditionelle Wirtschaftsstrafrecht umfasst unter anderem die Themenschwerpunkte Insolvenzdelikte, Bilanzfälschung, Kredit- und Anlagebetrug, (Subventions-) Betrug, Kapitalmarktrecht und Untreue. Daneben existiert eine nahezu unübersichtliche und stetig wachsende Anzahl an strafrechtlichen Nebengesetzen betreffend ebenso vielfältiger Möglichkeiten sich wegen einer wirtschaftlicher Betätigungen der Gefahr der Strafverfolgung auszusetzen.
In rechtlicher Hinsicht wird diese Komplexität zudem durch die Verzahnung unterschiedlicher Rechtsgebiete und Zuständigkeiten verstärkt. Das strafbare Verhalten liegt häufig in – durch im Vorfeld begangene – Verstößen gegen zivil-, verwaltungs- oder handelsrechtliche Vorschriften, deren Ahndung unterschiedlichen Behörden obliegt. Für eine effektive Verteidigung ist daher neben strafrechtlichen Kenntnissen auch wirtschaftliches Verständnis und Fachwissen erforderlich.
Dies gilt umso mehr, als das bei den Landgerichten mit besonderer Sachkunde ausgestattete Wirtschaftsstrafkammern bestehen und auch die Anklagebehörden regelmäßig von Wirtschaftsreferenten unterstütz werden.