Zu den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zählen in erster Linie Vergewaltigung, sexueller Missbrauch und sexuelle Nötigung. Aber auch sexualbezogene Beleidigungen, die Erregung öffentlichen Ärgernisses, exhibitionistische Handlungen, die Ausübung verbotener oder jugendgefährdender Prostitution und die Verbreitung bestimmter pornographischer Schriften werden diesem Bereich zugeordnet. Der wesentliche Unterschied zum allgemeinen Strafrecht ist stets der – neben anderen Schutzzwecken bestehende – Bezug zur sexuellen Selbstbestimmung. An dem ursprünglichen Begriff der „Sittlichkeit“ hat der Gesetzgeber nicht festgehalten.

Gleichwohl sind Verfahren in diesem Bereich ebenso geprägt von deplatzierten Sittlichkeits- und Moralvorstellungen wie einer Sicherheits-Hysterie die ihren Ausdruck nicht zuletzt in Aussagen wie „Alle wegschliessen, für Immer!“ finden. Die Doppelmoral hat hier Hochkonjunktur. Insbesondere die (Werbe-) Medien steuern das ihrige dazu bei. Das neben dem Artikel über ein „Sexmonster“ platzierte barbusige „Mädchen von Seite drei“ verdeutlich anschaulich dieses Dilemma. Die im Strafverfahren erforderliche Objektivität und Sachlichkeit bleibt hiervon nicht verschont und wird daher zumeist auf eine harte Probe gestellt.

Dies ist vor allem bei der, oft den Ausgang des Prozesses entscheidenden, Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Bekundungen der – zumeist einzigen – Belastungszeugin und deren Glaubwürdigkeit als Person der Fall. Hier ist größtmögliche Sachlichkeit geboten und einem in der Regel emotionalen Auftritt des vermeintlichen „Opfers“ vor Gericht entsprechend zu begegnen. Ein solcher darf insbesondere nicht dazu führen, dass offensichtlich für die Unschuld des Verdächtigen streitende Fakten oder Widersprüche im Aussageverhalten der Geschädigten in den Hintergrund gedrängt werden.

Aufgabe der Verteidigung ist es daher, hier zur Schau gestellte Emotionalität zu verhindern und neben ihrer eigentlichen Tätigkeit auch der gesellschaftlichen Vorverurteilung und Ächtung entgegenzutreten, um sowohl ein faires als auch sachliches Verfahren zu ermöglichen.